An(ge)dacht – Gedanken zum Monatsspruch
Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag. (Sprüche 3,27)
Sankt Martin im Mai? Das Monatsbild Mai im Veranstaltungskalender unserer Partner-Dekanats-Gemeinden des Kirchenkreises Eisleben-Sömmerda zeigt die Figur des Heiligen Martin zu Pferd aus der Kirche in Ahlsdorf. Darunter ein kurzer Text „(…) Nächstenliebe und Hilfe für die Schwachen gehört zum Wesen des christlichen Glaubens. (…) Bekannte Persönlichkeiten wie der heilige Martin (…) oder Jutta von Sangerhausen haben sich um Bedürftige gekümmert. (…)“
Martin gibt seinen halben Mantel, Jutta versorgt ca. 800 Jahre später Kranke. Beide geben in der Nachfolge Jesu, was Menschen in ihrer Nähe dringend brauchen: etwas zum Umhüllen gegen das Frieren, medizinische Versorgung für Heilung und Zuwendung gegen Schmerzen. Der 5. Mai ist Juttas Gedenktag.
Wir sind nicht alle Juttas und Martins, aber was es heißt eine Lebenshaltung zu haben, die ständig den Hilfesuchenden übersieht, beschreibt der Arzt, Organist und Theologe Albert Schweitzer ganz treffend: „Viel Kälte ist unter den Menschen, weil wir nicht wagen, uns so herzlich zu geben wie wir sind.“ Unbarmherzigkeit, menschliche und soziale Kälte, Gleichgültigkeit gegenüber unseren Nächsten gibt es wohl schon so lange es Menschen gibt – warum sonst hätte der Verfasser der Sprüche im AT diese Ermahnung formuliert. Die Aufforderung übersetzt die Basisbibel mit der Überschrift „Sicheres Leben und soziale Verantwortung“.
„Los jetzt“ will sie sagen: „Wenn jemand deine Hilfe braucht, verweigere sie nicht! Kannst du ihm helfen, dann tu es auch!“ – Und zwar gleich! Im Konfirmationsunterricht war der „barmherzige Samariter“ Thema, die Aufgabe lautete: „Schau in den nächsten zwei Wochen aufmerksam in deiner Umgebung nach Menschen, die Hilfe benötigen, und hilf!“. Da stellte sich heraus, wie schwierig es oft ist, Hilfebedarf überhaupt zu erkennen. Der Alltag von Jugendlichen und Kindern spielt sich hauptsächlich in der Schule ab, da müssen in der Regel keine Wunden verbunden werden oder Mäntel geteilt werden, oder doch? Vielleicht ist der Bedürftige der, der eine Aufmunterung nach einer 5 braucht, oder vielleicht ist die Bedürftige eine, der gerade alles zu schwer wird.
Einen guten Geist im Zusammenleben spüren wir nur, wenn auf wir auf die Bedürfnisse unserer Nächsten achten. Und das kann so Vieles sein! Jeder und jede von uns erlebt/e früher oder später das Gefühl: Ich bin darauf angewiesen, von anderen versorgt zu werden, z.B. als Säugling, in einer besonders kritischen Lebenslage oder als Greis. Der Säugling muss gestillt werden, der Gestresste braucht Ruhe und Zeit, die alte Mutter ein Gespräch u.s.V.m.. Es ist fast ein Naturgesetz: Ohne Andere geht es (uns) nicht (gut)! Wie unglaublich zynisch wirkt da der Spruch: „Wenn jeder an sich selber denkt, ist an alle gedacht.“ Nein, in so einer Welt lässt es sich unmöglich leben. Gut, dass Gott alle Menschen sieht, über alle Grenzen hinweg. Große und Kleine, Martins, Juttas, Nicos und Evas, Arme und die Reiche, Einsame und Vielbeschäftigte, sie alle sind seine geliebten Geschöpfe. Der Monatsspruch macht uns Beine und fordert uns auf: „Sag nicht zu deinem Nächsten: »Geh und komm ein anderes Mal wieder!« Wenn du etwas für ihn hast, sag nicht: »Morgen will ich es dir geben.«“
Ich wünsche uns offene Augen und Ohren für die Bedürfnisse unserer Nächsten – bei sonnigen Maiwanderungen, in den Begegnungen im EGNB, in unseren Gottesdiensten.
Stella Rascher, Gemeindepädagogin