Friede auf Erden!
Eine Andacht von Kirchenpräsident Volker Jung
Frieden auf Erden! – Das steht mitten in der Weihnachtsgeschichte. Es sind Worte aus dem Gesang der Engel in der Heiligen Nacht. Die Szene spielt bei den Hirten auf dem Feld. Plötzlich ist der Himmel erleuchtet. Ein Engel spricht zu den erschrockenen Männern und Frauen: „Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ Dann redet er über das Kind in Windeln im Stall in Bethlehem. Die Worte sind eine Predigt. So hat der Reformator Martin Luther das einmal erklärt. Und er hat weiter gesagt: „Auf eine Predigt gehört ein fröhlicher Gesang.“ Der Gesang der Engel antwortet auf die Engelspredigt. Bis heute gehört er fest zur Liturgie christlicher Gottesdienste: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“
An diese weihnachtliche Friedensmusik musste ich in diesem Jahr schon am 9. März denken. Zwei Wochen nach Putins verbrecherischem Überfall auf die Ukraine standen russische Panzer und Truppentransporter an den Stadtgrenzen Kiews. Aber in der Stadtmitte, auf dem Maidan-Platz, versammelten sich am gleichen Tag bei winterlichen Temperaturen Musikerinnen und Musiker mit ihren Instrumenten. Das Kyiv Classic Orchestra gab ein kurzes Konzert und spielte zum Abschluss Beethovens Ode an die Freude mit ihrer Friedensbotschaft, dass alle Menschen Schwestern und Brüder würden. Auf ganz eigene Weise stimmt diese Musik ein in den Gesang der Engel. Der singt vom Wunsch Gottes für die Menschen seines Wohlgefallens. Und das sind alle Menschen.
Die Engel singen davon, dass Frieden auf Erden Gottes Wunsch ist für diese Welt. Der Wunsch steht oft gegen das, was Menschen einander antun. Das Kind in der Krippe aber ist das große Zeichen Gottes dafür, dass Gott Frieden will.
Das Kind wird später als erwachsener Mensch über den Frieden reden. Er wird sagen: „Selig sind die Friedensstifter.“ Und wird zur Liebe rufen – zur Nächstenliebe und sogar zur Feindesliebe. Er selbst wird nicht als König triumphieren. Sein Leben steht dafür, dass wirklicher Frieden nicht durch Waffen erreicht werden kann – auch wenn es manchmal erforderlich ist, Verbrechern im äußersten Fall mit Gewalt Einhalt zu gebieten. Frieden kann nur werden, wenn die Menschen dazu bereit sind – aus ihrem Innersten heraus, aus ihren Herzen. Es gibt keinen Frieden, wenn Menschen unversöhnlich gegeneinanderstehen. Das ist auch so, wenn dort gestritten wird, wo die Geborgenheit am wertvollsten ist – unter Freundinnen und Freunden und in Familien.
Frieden auf Erden! – Die Engel werden es zu diesem Weihnachtsfest nicht so singen wie damals in der Heiligen Nacht auf den Hirtenfeldern in Bethlehem – bei offenem und hell erleuchtetem Himmel. Aber ihr Gesang ist in der Welt und die große Botschaft vom Frieden Gottes für alle Menschen. Wir können es machen wie die Frauen und Männer auf dem Hirtenfeld in Bethlehem: Hingehen und schauen und danach erzählen – vom Kind in der Krippe und der Friedensbotschaft Gottes. Oder besser noch: Das Lied vom Frieden selber singen und danach handeln. Da freuen sich die Engel. Gott sowieso. Und das Kind in der Krippe natürlich auch.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes
und friedliches Weihnachtsfest!
Ihr Volker Jung