An(ge)dacht – Gedanken zum Monatsspruch
Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten. (1. Chronik 16,33)
Der Kontrast könnte nicht größer sein: Auf der einen Seite eine Natur, die jubelt, weil es ihr gut geht. Und auf der anderen Seite eine Natur, die sich freut auf Gottes Gericht, weil die Täter – wir Menschen – angeklagt werden, weil wir Gottes Schöpfung zerstören.
Intakte Wälder lösen in uns Menschen ein Wohlgefühl aus: Klare Luft, Vogelgezwitscher, wilde Tiere, saftiges Grün, einfach paradiesisch schön. Wir kommen zur Ruhe. Die Bäume jubeln! Die Natur ist eine Lust.
Paul Gerhardt hat in seinem berühmten Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“ es auch so empfunden: „Die Bäume stehen voller Laub“, „die Lerche schwingt sich in die Luft“, „der Weizen wächset mit Gewalt, darüber jauchzet Jung und Alt, und rühmt die große Güte des, der so überfließend labt und mit so manchem Gut begabt, das menschliche Gemüte.“
Im Kontrast dazu: Wir Menschen haben so eine große Macht bekommen, dass wir die gesamte Schöpfung zerstören können. Der Segen Gottes, unter dem alles Leben gedeiht – man könnte das naturwissenschaftlich gesprochen die Atmosphäre, der Schutz und Schirm für alles Leben, bezeichnen – können wir Menschen zerstören. Die von uns Menschen gemachte Erderwärmung (Anthropozän) lässt Wälder brennen. Der Boden wird so trocken, dass die Bäume keine Abwehrkräfte bilden können, ideale Bedingungen für den Borkenkäfer. Die Flachwurzler in den Monokulturen der Nadelwald-Plantagen sterben ab. Geht sie mal auf den Melibokus: Weniger grün, viel abgestorbene und gefällte Bäume, alles in grau-braun.
Viele Jahre haben wir die Bewahrung der Schöpfung als nicht so wichtig abgetan. Wir wussten nicht, was wir tun. Nun aber wissen wir es. Niemand kann sich herausreden.
Jetzt, wo die Energie so teuer geworden ist, werden wir aus Eigeninteresse weniger verbrauchen. Es gibt viele Möglichkeiten, die ergriffen werden können. Ein Beispiel: Im Durchschnitt erzeugt jeder Deutsche im Jahr 12 Tonnen CO2. Ich persönlich produziere ein bis zwei Tonnen allein durch meine Autofahrten. Ein Interkontinentalflug z.B. im Urlaub verursacht 4 ½ Tonnen – nur für den Urlaubsspaß. Wie wäre es denn, wenn bei der Buchung des Fluges der Führerschein für 2 Jahre abgegeben werden müsste. Das würde uns die Augen öffnen für die Auswirkungen unseres Tuns an diesem Punkt.
Jetzt haben wir noch die Möglichkeit. Das Füllhorn der Schöpfung, der Duft z. B. von Flieder, der köstliche Geschmack des Obstes, die Pracht der majestätischen Natur, die intakten Wälder sprechen in uns Spiegelneuronen an, die uns antworten lässt auf diese Pracht. Paul Gerhard dichtet weiter: „Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinne. Ich singe mit, wenn alles singt, und lasse was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen.“ (8. Strophe)
Ich wünsche uns, dass wir mit offenen Augen durch die Natur gehen, Jubel und Dank empfinden und Handlungen, die der Natur schaden, minimieren bzw. sie unterlassen.
Sie zu schützen, ist nicht die Pflicht, sondern das Recht von uns Christen.
Ihr Pfarrer
Manfred Hauch