An(ge)dacht
„…dass sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten.“ (Apostelgeschichte 17,28)
Erinnern Sie sich daran, als Kind einmal bei einer Schnitzeljagd mitgemacht zu haben? Kleine Papierschnipsel am Wegesrand oder aus Stöcken gelegte Pfeile? Dabei gab es kurze Rätsel, die meist nicht schwierig waren, aber vor jedem Rätsel dachte ich doch: Ob wir das schaffen? Und ich wusste: Wir müssen nur den Hinweisen folgen und werden an einem unbekannten Ort einen Schatz finden.
Ich erinnere mich bei diesem Spiel vor allem an zwei Dinge: Zum einen an die Aufregung, auf dem Weg zu sein und zum anderen die Freude, den Schatz zu finden und die vielen Kostbarkeiten aus Schokolade untereinander aufzuteilen.
Die Worte, die diesem Impuls heute vorangestellt sind, lassen mich an so eine Schnitzeljagd denken. Nur geht es dabei natürlich nicht um einen Schatz von Süßigkeiten, sondern um Gott, der gesucht wird. Der Vers stammt aus der Apostelgeschichte:
Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: Ihr Männer und Frauen von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen, wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. Und er [Gott] hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, damit sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir.“ (Apostelgeschichte 17,22-28)
Paulus redet diese Worte in seinem Selbstverständnis als Missionar. Er stand mitten auf dem Marktplatz von Athen, damals eine stolze, gebildete Stadt. Die Menschen wollten hören, was Paulus zu sagen hat. Die Zuhörenden waren wissbegierig für Neues, auch was die Götter anging. Vielen Göttern hatten die Athener*innen Tempel gebaut und damit sie keinesfalls irgendeinen Gott vergessen, hatten sie auch „dem unbekannten Gott“ einen Altar gebaut.
Paulus vermutet hinter diesem Tun eine Suchbewegung, die auch er kennt. Paulus erzählt, wie diese Suchbewegung bei ihm ein vorläufiges Ziel erreicht hat: Paulus hat Gott gefunden, wie Gott sich ihm in Jesus Christus gezeigt hat. Paulus hat gelernt: Gott steht am Anfang und am Ende des Lebens. In allem wirken seine Kraft, seine Macht und sein Odem. Ja, sogar die Suchbewegung nach Gott hat Gott uns mit in die Wiege gelegt. Gott will, dass sich die Menschen auf die Suche nach Gott begeben.
Paulus hat am eigenen Leib erfahren: Gott will sich dieser Suche nicht entziehen. Daher kommt er zu dem Schluss: „fürwahr, Gott ist nicht ferne einem jeden unter uns“. Paulus Freude, Gott gefunden zu haben, macht ihn zum Missionar, zum Hinweisgeber am Wegesrand der Suche nach Gott.
Wir brauchen solche Hinweise, die uns zu Gott führen, die uns zu diesem besonderen Schatz führen. Paulus ist mit seiner Rede und mit seinem Leben bis heute so ein Hinweis. Aber auch vieles andere kann uns zum Hinweisschild werden: ein Ort, eine Person, Bibelverse, ein Gedicht. Hinweisschilder, die mir zeigen: Gott ist nahe. Die Kraft der Liebe ist für mich erfahrbar. Für manche von uns erschienen solche Hinweise schon früh im Leben, z.B. im Kindergottesdienst. Wieder andere wurden erst später, teils in extremen Situationen, auf Gott hingewiesen.
Erinnern Sie sich an einen Moment, an dem Sie das Gefühl hatten, Gott gefunden zu haben? Ist Ihnen eine Zeit vor Augen, in der Sie für sich ganz deutlich begreifen konnten: „Ja, ich vertraue auf Gott!“? Vielleicht war es der freudig stolze Tag Ihrer Konfirmation, ein Augenblick auf einer Freizeit, der eigene Traugottesdienst, bei der Taufe ihrer Kinder oder in einem sehr persönlichen Gebet…
Paulus macht mit seiner Rede allen Mut, die sich auf die Schnitzeljagd ihres Glaubens begeben: Gott ist zu finden. Gott will sich finden lassen. So ist Gott.
Für mich ist folgendes Lied auch zu solch einem Hinweisschild geworden. Es stammt von Gerhard Teerstegen und begleitet mich schon lange und immer wieder aufs Neue. Es ist ein Ausdruck meines Vertrauens und meiner Hoffnung auf Gott. Vielleicht stimmen Sie mit ein:
(1) Gott ist gegenwärtig.
Lasset uns anbeten
und in Ehrfurcht vor ihn treten.
Gott ist in der Mitte.
Alles in uns schweige
und sich innigst vor ihm beuge.
Wer ihn kennt, wer ihn nennt,
schlag die Augen nieder;
kommt, ergebt euch wieder.
(6) Du durchdringest alles;
lass dein schönstes Lichte,
Herr, berühren mein Gesichte.
Wie die zarten Blumen
willig sich entfalten
und der Sonne stille halten,
lass mich so still und froh
deine Strahlen fassen
und dich wirken lassen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag,
Herzliche Grüße
Ihr Pfr. Christian Hilsberg