Gedanken zum Monatsspruch
Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht zu Sklaven von Menschen. (1. Korinther 7,23)
222 Millionen Euro – so viel ließ sich der französische Fußballclub Paris Saint-Germain die Dienste des leitenden Angestellten Neymar da Silva Santos Júnior vor zweieinhalb Jahren kosten. Manche sagen, so sei der Markt einfach, und schließlich würden für andere Weltstars wie Kylian Mbappé (ebenfalls Paris Saint-Germain, 180 Mio) oder Cristiano Ronaldo (Juventus Turin, 117 Mio) ebenfalls nicht gerade verschenkt.
Niemand ist so viel wert, so sagen es andere. Die hohe Summe erzeuge einen Leistungsdruck, dem niemand gewachsen sein könne. Und überhaupt: Was man mit so viel Geld sonst Sinnvolles anfangen könnte: Krankenhäuser sanieren, Schulen modernisieren, die Pflegebedingungen verbessern oder die Umwelt schützen.
Ich denke, die Wahrheit liegt wie meistens in der Mitte. Solange wir bereit sind, unsere Fernseh-Abos für die Bundesliga und Champions League zu verlängern, ist einfach viel Geld im System, das sich seine Wege sucht. Und sicher können die genannten Fußballspieler durch ihren teuren Transfer nicht automatisch schneller laufen oder besser verteidigen.
„Moderner Sklavenhandel“ – diese Überschrift habe ich mal gehört oder gelesen, als es um das Thema ging. Bei solchen Schlagworten sollten wir vorsichtig sein, denn trotz mancher Parallelen geht es hier sicher nicht um Verschleppung, Folter und eine lebenslange Entwürdigung eines Menschen.
Aber das Wort bleibt im Gedächtnis. Es emotionalisiert eine Debatte und erinnert an etwas, was keiner mehr wollen kann.
Der Missionar Paulus hat das im Neuen Testament noch etwas näher erlebt. Nach seinen Predigten in Korinth wurden echte Sklaven zu Christen. So wie auch Prostituierte, Soldaten, Henker sich zu der neuen Botschaft „alle sind Gottes Kinder und bei ihm gleich wertgeschätzt“ hingezogen fühlten, so ging es auch den unfreien Bürgern der Stadt.
Natürlich wurden sie in gewisser Weise durch ihre Taufe frei. Ihr Gewissen und ihre Liebe zu Gott und ihrer Gemeinde konnte ihnen niemand nehmen. Sie wurden zu „neuen Menschen“, die bereit waren, neu über ihr Leben nachzudenken und sich dementsprechend zu verhalten. Andererseits blieben sie äußerlich doch weiter Sklaven und waren ihren Besitzern weiter hörig. Ich bin sicher, das war oft eine ganz schöne Zwickmühle.
Und dieses Gefühl der Zwickmühle haben wir meiner Meinung nach geerbt. Wir waren nie Sklaven wie die Sklaven in der Antike oder die afrikanischen Sklaven in den USA. Wir wurden in Freiheit geboren, in einen Staat, der uns eine unverlierbare Würde zuschreibt und unsere äußere Freiheit und Unverletztheit mit Gesetzen und der Polizei durchsetzt.
Innerlich aber sieht es anders aus. Die Zwickmühle scheint umgekehrt zu sein wie die bei Paulus und der jungen Christengemeinde in Korinth. Viele moderne Menschen sind in höchstem Maße abhängig von der Meinung ihrer Mitmenschen. Sie lassen sich auf private und geschäftliche Beziehungen ein, um Menschen zu gefallen. Und nicht nur Jugendliche tun dabei Dinge, die sie alleine nicht getan hätten und die eigentlich nicht zu ihrem Selbstbild passen.
Paulus könnte heute dasselbe schreiben wie vor knapp 2000 Jahren: „Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht zu Sklaven von Menschen.“ Auf gut Deutsch: Schert euch nicht drum, was die anderen denken. Schaut, wie ihr euer Leben gestalten wollt. Und gleicht das ab mit dem Bild, das Gott von euch hatte, als er euch geschaffen und euch in eurer Taufe als sein Kind angenommen hat!
Das neue Jahr erinnert uns immer wieder dran, dass es sich lohnt, neue Wege zu gehen. Bei allen ihren Überlegungen und Schritten in diese Richtung wünsche ich Ihnen Gottes Segen!
Ihr Pfarrer Johannes Lösch