Gedanken zum Monatsspruch
Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt! (Hiob 19, 25)
Wenn das Bunt nach dem goldenen Oktober welk wird, zeigt sich die Vergänglichkeit und Schwere des Lebens. Die Gedenktage zu persönlichem und gesellschaftlichem Leid werden nun begangen. Richtig so. Vergänglichkeit und Schwere gut zu deuten, kann helfen und heilen. Der Monatsspruch will dazu beitragen.
Hiob glaubt treu und standfest. Er ist ein angesehener Familienvater in rundum guten Verhältnissen. Wenn es uns gut geht, glauben wir gerne.
Ob Hiob auch treu und standfest ist, wenn es ihm schlecht geht? Wenn wir erleben, dass Verlustängste Realität werden, unsere Lieben und unsere Gesundheit Vergangenheit sind, welchen inneren Halt haben wir dann?
Na dann, jede Wette, Hiob wird seinen Glauben verlieren. Der Böse lacht sich schon ins Fäustchen. Gott dagegen kennt Hiob und erweist sich als der treue und standfeste Erlöser für ihn.
Hiob bekommt alle Sicherheiten genommen, ihn erreicht eine Hiobs-Botschaft nach der anderen. Freude diskutieren mit ihm verschiedene Deutungsmuster, die wir auch gut kennen: „Bist Du nicht irgendwie selbst schuld an Deiner Misere?“
Seine Frau rät: „Siehst Du, Deinen Gott kannst Du vergessen!“
Und Hiob? Trotz seines Leidens sucht er weiterhin das Gespräch mit Gott.
Er diskutiert mit ihm. Hiob will es wissen! Bitte machen Sie es auch so! Streiten Sie mit Gott! Schimpfen, Auskotzen, Beleidigtsein, Herausfordern … alles erlaubt. Gott antwortet, gibt Impulse zum Nach-Denken und Neu-Denken. Er zeigt sich. In der Schöpfung, in Jesus Christus, in der Liebe, im Nächsten, erkennen wir ihn.
Hiob bekommt die Wunder der Schöpfung zu sehen. Auch wir staunen über Galaxien und Mikroorganismen, über die Klugheit der Tiere und Pflanzen. Und Hiob erlebt sich als Teil des Ganzen und findet darin Trost. Ja, so groß ist Gott und zugleich sorgt er auch für mich. „Ja, ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“
„Erlöser“ ist auch das hebräische Wort für „Beistand“, „Anwalt“. Das Johannes-Evangelium übersetzt mit „Tröster“ und „Heiliger Geist“. Resilienz („Aber, ich weiß … ), gespeist aus Gottvertrauen, ist eine Facette davon.
Einer meiner ersten Konfirmanden war ein geistig behinderter Junge. Peter und seine Mutter hatten gemeinsam dieses Erlöser-Wort als Konfirmationsspruch ausgesucht. Als ich ihn fragte: „Wie bist Du darauf gekommen?“, antwortete er: „Ich weiß, dass mein Betreuer lebt!“. Und er liebte seine Betreuer und seine große Familie sehr! Geistig fit und pfiffig!
Als ich heimkam, wurde ich zu meinem sterbenden Nachbarn gerufen. Er war klar und fragte: „Mit welchem Wort willst Du mich beerdigen?“
Als ich von Peters Auslegung erzählte, sagte er: „Dieses Wort soll es sein. Ja, auch ich will mit dem Erlöser leben, wenn ich gehe.“ So konnte ich getrost beerdigen und erfreut konfirmieren.
In Liebe betreut und erlöst –
kommt man so gut durch jeden
November und durch das Leben?
Ausprobieren …
Ihre Pfarrerin Angelika Giesecke