Gedanken zum Monatsspruch
Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. (Jak 1,19)
„Jetzt setzt du dich erstmal hin und dann reden wir in Ruhe“ – als ich Konfirmand war, konnte mich ein Satz wie dieser unglaublich aufregen. Wenn ich mich über etwas beschweren wollte oder meinte, es besser zu wissen als meine Eltern und Großeltern, dann konnte das nicht warten. Es musste raus. Und „erstmal beruhigen“, das wollte ich erst recht nicht.
„Alle anderen dürfen das, warum ich nicht?“ „Wisst ihr eigentlich, wie peinlich das ist?“
Meine arme Familie durfte sich damals einiges anhören. Ähnlichkeiten zu Ihnen bekannten Menschen in Alsbach sind hier rein zufällig.
Heute kann ich damit viel mehr anfangen. Als Pfarrer bin ich manchmal der Blitzableiter, in persönlichen Gesprächen, aber auch, wenn Menschen sich über Gottesdienste und die Kirche im Allgemeinen beschweren wollen. Und dann denke ich, wie damals meine Eltern und Großeltern:
„Beruhig dich mal, wir können ja in Ruhe über alles reden.“
Im Jakobusbrief fast hinten in der Bibel steht als Monatsspruch für den Juli 2019 dieser Tipp:
„Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“
Das klingt ganz schön vernünftig: Bevor ich mit allem abrechne und mich in ein Problem hineinsteigere, atme ich erstmal langsam und tief durch. Und denke mir: Mein Gegenüber hat sicher auch eine Meinung darüber – und ein Recht, sie genau wie ich zu äußern. Und die Chance ist 50:50, das er oder sie sogar Recht haben könnte.
Langsam zum Reden und langsam zum Zorn. Das heißt: Nicht einfach meckern, streiten, urteilen. Sondern nachdenken. Wer schnell hört und nicht vorschnell spricht, gewinnt genügend Zeit dazu. Jakobus (viele Theologen sehen in ihm einen Bruder von Jesus, der nach Jesu Tod und Auferstehung die Gemeinde in Jerusalem leitete) meint: Zwischen Ohren und Mund soll etwas passieren. Dazu hat uns Gott nicht nur diese beiden Organe gegeben, sondern noch ein ziemlich wichtiges drittes, dass direkt zwischen den Ohren sitzt. Und das uns ab und zu mal ausbremsen kann. Wenn wir es lassen.
Einen gesegneten Monat Juli wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Johannes Lösch