Gedanken zum Monatsspruch
Wie schön es ist, wenn man mal nur „man selbst“ sein kann
Meine Schulfreundin Meike und ich sitzen bei ihr zu Hause auf der Couch, trinken Kaffee und quatschen. Seit Wochen hat es endlich mal wieder mit einem Treffen geklappt. Es gibt viel zu erzählen.
Auf einmal geht die Wohnzimmertür auf und ihr fünfjähriger Sohn Julian springt herein. In einem Superman-Kostüm. Er ruft: „Tataaaa! Ich bin Superman!“ Dann dreht er eine Runde durch den Raum und verschwindet wieder. Wir müssen lachen.
Kurze Zeit später geht die Tür wieder auf. Diesmal kommt ein kleiner Spiderman hereingehüpft: „Tataaaaa, ich bin Spiderman!“
Meike verdreht die Augen. „Julian hat sehr viele Action-Helden-Kostüme! Das kann jetzt dauern!“ Während der nächsten halben Stunde fliegen noch Ironman und Captain America vorbei.
Dann geht wieder die Tür auf. Meike ist genervt: „Julian, lass uns jetzt mal bitte hier in Ruhe, wir haben uns ganz lange nicht gesehen und…“ Doch weiter kommt sie nicht. Julian steht in Unterhose vor uns.
Er breitet seine Ärmchen aus und sagt stolz: „Tataaaa! Jetzt bin ich nur ich!“ Meike spricht nicht weiter, sondern nimmt ihn in den Arm und drückt ihn fest an sich.
Der Monatsspruch für diesen Sommermonat August steht im 1. Johannesbrief 4, 16: „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“
Liebe hat viel mit gegenseitiger Annahme zu tun.
Erwachsene Menschen tragen ja in der Regel keine Superhelden-Kostüme, aber unterschiedliche Rollen auszufüllen – das kennen viele. Im Privatleben oder der Arbeit.
Ich auch. Ich darf vieles sein: Mutter, Ehefrau, Pfarrerin, Religionslehrerin, Freundin, Tochter, Nachbarin, Familienmanagerin… und vieles mehr. Überlegen Sie doch mal, welche Rollen Sie ausfüllen in Ihrem Alltag. Da kommt einiges zusammen.
Wie gut das tut, wenn es Momente gibt, in denen wir das alles auch mal ablegen können. Wenn es Menschen gibt, bei denen wir uns zeigen können und wollen, so wie wir sind. Bei denen wir aufatmen können. Momente, in denen wir uns frei und angenommen fühlen.
So wie der kleine Julian: „Tataa! Jetzt bin ich nur ich!“
Ich wünsche Ihnen viele solcher Begegnungen, solcher Momente.
Gott – die Quelle aller Liebe – schenkt sie uns. Und spätestens in seiner (oder ihrer) Gegenwart können wir das Letzte ablegen, was wir selbst nahestehenden Menschen nicht zeigen möchten.
Gott sieht unser Herz, unsere Tränen, kennt die Höhen und Tiefen unserer Seele – und er liebt uns. Auch dann, wenn wir uns selbst nicht leiden mögen.
Bleiben Sie behütet!
Ihre Pfarrerin Sandra Matz