Gedanken zum Monatsspruch
Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. (Apg 5,29)
Auf den ersten Blick erscheint dieser Satz aus der Bibel wie ein einengendes Gebot. Gott gehorchen müssen – das klingt doch sehr nach Druck.
Schaut man aber genauer hin, erkennt man: Mit diesen Worten ist eine ungeheure Freiheit verbunden. Denn wer sich zu Gott hält, gewinnt Mut zum Widerstand gegenüber Menschen, die meinen, über andere bestimmen zu können.
„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“, das sagten Petrus und andere Jünger, als ihnen vom Hohen Rat verboten wurde, die Botschaft von Jesus Christus zu verbreiten. Während der Verfolgungen der jungen Kirche in den ersten Jahrhunderten haben dann zahlreiche Christinnen und Christen lieber ihr Leben gelassen, als ihrem Glauben abzuschwören. Martin Luther hielt fest an dem, was er aus der Bibel als göttliche Wahrheit erkannte, auch wenn ihm dafür der Wind ins Gesicht blies: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir.“ Und in den finsteren Zeiten des Nationalsozialismus fanden Menschen wie die Geschwister Scholl oder Dietrich Bonhoeffer durch ihren christlichen Glauben die Kraft zum Widerstand.
Es ist sicher nicht immer leicht, klar zu erkennen, was der Wille Gottes ist. Aber es gibt auch viele Situationen, in denen man darüber nicht lange überlegen und diskutieren muss: Wenn etwa Menschen andere Menschen unterdrücken oder ihnen auf irgendeine Weise Leid antun; wenn jemand will, dass ich die Wahrheit verdrehe, damit er daraus einen Vorteil ziehen kann; wenn wirtschaftliche Interessen zum alles bestimmenden Maßstab werden und das Wohl von Menschen und die Bewahrung der Schöpfung auf der Strecke bleiben.
In solchen oder ähnlichen Situationen ist es gut, sich an diesen Satz aus der Bibel zu erinnern. Er macht Mut, gegen Unrecht anzugehen und für Frieden, Gerechtigkeit, Menschenwürde und den Erhalt der Schöpfung einzutreten. Und ich denke, in unseren rauen postfaktischen Zeiten bräuchte es dringend mehr Menschen, die das deutlich vernehmbar tun.
Ihr Pfarrer Hans-Peter Rabenau